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250 Jahre Zeitungen, Journalismus und Medien in Osnabrück – Teil 5

Jedes Land muß billig dergleichen haben…

Am 04. Oktober 1766 war es endlich soweit: die erste Zeitung aus Osnabrück und für die Osnabrücker Bevölkerung wurde herausgegeben. Und zwar von niemand geringerem als Justus Möser, damals Kriminaljustizrat im Fürstbistum Osnabrück und leidenschaftlicher Autor von Berichten zur politischen und kulturellen Situation in seiner Heimatstadt. Das muß gefeiert werden!
Immerhin ist Justus Möser auch heute noch für uns als Kommentator zu wichtigen Themen rund um Osnabrück und den Rest der Welt tätig (zumindest im Geiste).

Im Jubiläumsjahr wird die HASEPOST einmal im Monat eine kurze Übersicht über die historische Entwicklung von Zeitungen, Journalismus und Medien im Großraum Osnabrück geben. Und wir werden am Ende des Jahres versuchen, in die Zukunft zu schauen und die weitere Entwicklung der Osnabrücker Medienlandschaft zu prognostizieren.

 

Teil 5: Deutsche Großmachtträume und der erste Weltkrieg

Die Osnabrücker Mediengeschichte ist natürlich untrennbar mit ihrem zeitgeschichtlichen Rahmen verbunden. Seit der Herausgabe der ersten Ausgabe der „Osnabrückischen Anzeigen“ im Jahr 1766 hatte das spätere Deutsche Reich eine höchst bewegende Geschichte erlebt, deren Höhepunkte sicherlich die Napoleonischen Kriege und das Revolutionsjahr 1848 waren. Die Annektierung des Königreiches Hannover durch Preußen im Jahr 1866 brachte für die Osnabrücker einige politische und wirtschaftliche Vorteile, so daß ein Großteil der Bevölkerung eine durchweg positive Haltung zur preußischen Dominanz im gesamten deutschen Reichsgebiet einnahm. Die Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 und die Krönung des preußischen Königs Wilhelm I. zum deutschen Kaiser wurden von den Bürgern in Osnabrück einhellig begrüßt. Im neugegründeten Reich machte sich sehr schnell eine allgemeine Aufbruchstimmung breit, die auch das Osnabrücker Zeitungswesen über Jahrzehnte prägen sollte.

Um die jetzt einsetzende Entwicklung besser verstehen und bewerten zu können, muß kurz auf die allgemeine deutsche Zeitungsgeschichte verwiesen werden. Ein sehr großer Teil der heute noch bestehenden Tageszeitungen geht nicht auf Nachrichtenblätter mit politischer Berichterstattung zurück, sondern auf einen Pressetypus, bei dem weder die Berichterstattung über die Geschehnisse „draußen“ in der großen, weiten Welt noch die Berichterstattung über lokale Ereignisse eine Rolle spielten. Die Vorläufer der heutigen deutschen Presselandschaft waren die ab den 1720er Jahren in einer großen Vielfalt entstandenen sogenannten „Intelligenzblätter“. Sie enthielten als Anzeigen- und Bekanntmachungszeitungen zumeist keine Nachrichten. Die darin abgedruckten Getreide- oder Brotpreise, Urteile der örtlichen Gerichte, Listen der durchgereisten Fremden, standesamtlichen Bekanntmachungen oder Immobilienanzeigen bildeten lediglich die Anfänge einer lokalen Informationsvermittlung. Mit ihnen entstand ein Pressetypus, der seine Fortsetzung bis heute in den Anzeigenblättern wie z.B. den „Osnabrücker Nachrichten“ findet. Im Verlauf der Entwicklung dieser Anzeigenblätter wurde freier Platz zusehends mit sogenannten „gelehrten Artikeln“ gefüllt, in denen die Leserschaft Ratschläge für Haus- und Landwirtschaft sowie literarische Geschichten zur moralischen Unterweisung geboten bekam und die auch zumindest teilweise die Ideen der Aufklärung popularisierten. Diese meist durch ein staatlich garantiertes Monopol geschützten Zeitungen wurden in vielen deutschen Staaten für Personengruppen des öffentlichen Dienstes zu Pflichtblättern und zudem von der Obrigkeit mit Hilfe von Insertionszwängen gefördert. Wegen ihrer sicheren Einnahmen dienten die Anzeigenblätter oftmals zur Finanzierung karikativer Einrichtungen. Zwar wurde das Monopol auf Anzeigen im Laufe des 19. Jahrhunderts aufgehoben, die Zeitungen behielten aber zumeist ihre offizielle Funktion für das kommunale Bekanntmachungswesen, indem sie den Städten und Kreisen als Amtsblätter dienten. Von dieser Art Zeitung und Publizistik, die nicht nur ohne Nachrichten auskam, sondern sich ausschließlich auf Anzeigen, Bekanntmachungen und Preisberichte beschränkte, war es ein weiter Weg von der wöchentlich bis zur täglich erscheinenden Zeitung, zu einem Blatt, daß außer der Publikation von Inseraten auch die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ereignisse dokumentieren und kommentieren sollte. Die lokale und regionale Berichterstattung nahmen diese Zeitungen erst mit der Lockerung der Zensur und den gewerberechtlichen Verbesserungen auf, die im Zuge der Revolution von 1848 sowie nach der Entstehung des Deutschen Reiches 1871 erfolgten. Mit der 1848er-Revolution ging auch die Aufhebung der rechtlichen Trennung von politischen und Intelligenzblättern einher. Aus den im gesamten Reichsgebiet verbreiteten Intelligenzblättern konnten sich die die heutige deutsche Presselandschaft prägenden Lokalzeitungen mit ihrer wachsenden politischen Berichterstattung entwickeln. Interessanterweise schaffte Otto von Bismarck aus Mitteln des 1866 liquidierten Königreichs Hannover noch im selben Jahr einen „Reptilienfond“ zur Bekämpfung der oppositionellen Presse und zur Förderung der regierungstreuen Publizistik. Aber dadurch ließ sich die fortschreitende Emanzipierung der freien Presse nicht mehr aufhalten. Durch technische Innovationen wie die Rotationspresse und Setzmaschinen, die das mühsame Setzen der Buchstaben von Hand überflüssig machten, sowie das 1874 beschlossene liberale Reichspressegesetz war der Weg zu den modernen Massenmedien, die die öffentliche Kommunikation bis heute prägen, vorgegeben.

In Osnabrück war auch nach der Reichsgründung die Osnabrücker Zeitung („Kislings Osnabrückische Anzeigen“) das maßgebliche Presseorgan. Basierend auf den 1766 von Justus Möser ins Leben gerufenen „Osnabrückischen Anzeigen“ war dieses Blatt aufgrund seiner Tradition und Auflagenmenge sowie der Unterstützung durch die lokale Verwaltung, die es auch als Amtsblatt zur Verkündung von öffentlichen Angelegenheiten nutzte, in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts in Stadt und Landkreis Osnabrück konkurrenzlos. Das sollte sich allerdings schnell ändern. Adolf Meinders und Gustav Elstermann gründeten am 01. Oktober 1884 den Verlag Meinders & Elstermann (M & E). Der Sitz des Verlages befand sich in der Möserstraße. Vom Gründungstag an gab dieser Verlag das „Osnabrücker Tageblatt“ heraus, dessen Erstausgabe am 01. Oktober 1884 kostenlos in der Stadt verteilt wurde. Bereits 1848 hatte es in Osnabrück eine Tageszeitung unter dem Titel „Osnabrücker Tageblatt“ gegeben, deren Erscheinen allerdings nach knapp fünf Jahren wieder eingestellt wurde. Gustav Elstermann war bis zur Gründung des Verlages als Adreßbuchverleger tätig gewesen, Adolf Meinders war gelernter Buchdrucker. Das „Adreß-Buch für die Stadt und Feldmark Osnabrück“ von Gustav Elstermann erschien seit 1873. Inzwischen mit eigenem Internetauftritt hat sich dieses Verlagsprodukt in die Gegenwart gerettet. Der Verlag zog 1889 von der Möserstraße in die Große Straße um. Neben der Herausgabe des „Osnabrücker Tageblatts“ war Meinders & Elstermann auch als Buchbinderei, Akzidenzdruckerei und als Formular- und Buchverlag tätig. Die Tageszeitung, Bücher und Formulare sowie Akzidenzaufträge (Gelegenheitsdrucksachen) wurden im Handsatz erledigt. Eine Rotationsdruckmaschine, die vier Seiten in einem Arbeitsgang druckte (für die damalige Zeit eine Sensation), schaffte der Verlag 1892 an. Ab 1901 setzte Meinders & Elstermann auch die ersten Typograph-Setzmaschinen ein, um die Auftragskapazitäten zu erhöhen. Das „Osnabrücker Tageblatt“ hatte relativ großen Erfolg und wurde gerne gelesen, denn im Gegensatz zur Konkurrenz bemühte es sich, unabhängig von Parteipolitik zu berichten und sich besonders mit den lokalen Ereignissen zu beschäftigen. Damit war diese Zeitung in Nordwestdeutschland stilbildend für eine Tageszeitung neuen Typs.

Schon vorher gab es die „Neuen Volksblätter“, die unter diesem Namen von 1868 bis 1874 erschienen und sich ab 1874 in „Osnabrücker Volkszeitung“ umbenannten (bis sie 1934 unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wieder ihren alten Namen annahmen). Gründer war der Verleger Antonius Fromm. Er war römisch-katholisch, worauf er immer besonderen Wert legte, und das sollte sich auch durchaus in der Art der Berichterstattung in seiner Zeitung widerspiegeln. Er besuchte das katholische Gymnasium Josephinum in Hildesheim. An der Universität Göttingen studierte er Philosophie und Germanistik. Er wurde Journalist und arbeitete ab 1867 als Redakteur in der Feuilleton-Redaktion der „Kölnischen Volkszeitung“. 1868 gründete er in Hildesheim die „Neuen Volksblätter“, die die Interessen der Katholiken in der Provinz Hannover wahrnehmen sollten. Die Zeitung erschien zunächst dreimal in der Woche und ab 1870 nach der Verlegung nach Osnabrück täglich. Fromm war gleichzeitig auch Chefredakteur der Zeitung, die sich als publizistisches Organ der katholischen Zentrumspartei verstand. Um das Jahr 1900 hatte die Zeitung ca. 13.000 Abonnenten. Während des Kulturkampfs im deutschen Kaiserreich wurde Fromm mehrfach vor Gericht gestellt, da in Preußen der Katholizismus nicht unbedingt gerne gesehen war. Antonius Fromm starb 1916, die Herausgeberschaft für die „Osnabrücker Volkszeitung“ übernahm sein Sohn Leopold Fromm. Die Zeitung erschien bis 1943, ab 1934 wieder unter dem Namen „Neue Volksblätter“. Das Druck- und Verlagshaus Fromm befindet sich bis heute am Berliner Platz in Osnabrück.

250 Jahre Presse Osnabrück

Im Zuge der wirtschaftlichen Expansion im gesamten Deutschen Reich gab es weitere Versuche, zusätzliche Zeitungen in Osnabrück zu etablieren, u.a. die „Osnabrücker Morgenzeitung“ (1886-1887), denen aber aufgrund des relativ kleinen Verbreitungsgebietes und dadurch bedingter wirtschaftlicher Schwierigkeiten kein langes Leben beschieden war. Während des ersten Weltkriegs etablierte sich die „Osnabrücker Abendpost“ (1914-1919), für die sich aber nach dem Ende des Kaiserreichs auch sehr schnell das Ende abzeichnete. Einzig die „Osnabrücker Zeitung – Kislings Osnabrückische Anzeigen“ überstand die 47 Jahre des deutschen Kaiserreichs neben der „Osnabrücker Volkszeitung“ und dem „Osnabrücker Tageblatt“ relativ unbeschadet, was aber wohl vor allem ihrer Funktion als offizielles Verlautbarungsorgan der Obrigkeit zuzuschreiben war. Der herausgebende Verlag J.G. Kisling wurde 1937 vom Verlag Meinders & Elstermann übernommen.

Durch den ersten Weltkrieg waren auch die Osnabrücker Tageszeitungen nicht mehr völlig frei in ihrer Themenwahl und der Art der Berichterstattung. Am Schluß dieses fünften Teils der Osnabrücker Mediengeschichte sei deshalb an ausgewählten Beispielen aufgezeigt, wie die Medienberichterstattung in Osnabrück in Zeiten des Krieges aussah. Quelle für die folgenden Schlagzeilen ist die „Osnabrücker Zeitung“ aus dem damaligen Verlag J.G. Kisling.

  • Juli 1914: Einweihung der Kreisbahnstrecke Bohmte-Damme / Manöver des 7. Armeekorps in der Gegend von Bad Iburg / Förderung von Schrebergartenanlagen in Osnabrück 
  • Januar 1916: Nachruf auf Sanitätsrat Dr. Franz Westhoff / Einstellung des Schiffsverkehrs auf dem Mittellandkanal wegen eines Dammbruchs bei Hedem / Nachruf auf Emma Charlotte von Miquel, geb. Wedekind
  • April 1916: Einlaufen des ersten Kanalschiffes im neuen Stadthafen von Osnabrück / Versammlung des Osnabrücker Hausfrauenbundes in Hasbergen / Bestattung des russischen Generalleutnants Fedorow (gestorben in Kriegsgefangenschaft in Osnabrück) / Errichtung einer Schützengrabenanlage zu Schauzwecken auf der Netter Heide / Franz Hecker. Fertigstellung des Altarbildes für die Kirche in Gellenbeck / Eröffnung der neuen Schule der Synagogen-Gemeinde Osnabrück 
  • Oktober 1917: Hindenburgfeier in Schledehausen / Reformations-Vorfeier in der Lutherkirche / Einweihung der Josefskirche / Veranstaltungen zum 400jährigen Reformationsjubiläum 
  • Dezember 1917: Patenschaften für die Kinder gefallener Soldaten / Inbetriebnahme des Neubaus des Staatsarchivs an der Schloßstraße / 25jähriges Dienstjubiläum des Sparkassendirektors Stackelbeck

Das so glorreich gestartete und auch in Osnabrück freudig begrüßte Deutsche Reich hatte am Ende des ersten Weltkrieges nicht mehr viele positive Dinge zu vermelden. Im November 1918 rief Philipp Scheidemann in Berlin die deutsche Republik aus, der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. mußte abdanken und in Osnabrück gab es nach diesen ereignisreichen Jahren drei bedeutende Tageszeitungen: Das „Osnabrücker Tageblatt“, die „Osnabrücker Volkszeitung“ und die „Osnabrücker Zeitung“.

Als Zeitung aus Osnabrück für alle Osnabrücker und solche, die es werden wollen, sieht sich die HASEPOST in der Tradition von Justus Möser. Wir wollen unseren Lesern Journalismus auf hohem Niveau bieten, sind der Wahrheit und Objektivität verpflichtet und begleiten kritisch das aktuelle Geschehen in Osnabrück und der Welt. Und wir sind sehr stolz auf unser großes historisches Vorbild!

Lesen Sie Anfang Juli Teil 6 unserer Reihe „250 Jahre Zeitungen, Journalismus und Medien in Osnabrück“: Osnabrücker Zeitungen in der Weimarer Republik – Die schwierigen Jahre von 1918 bis 1933.

Hier geht es zu den bislang erschienen Ausgaben dieser Artikelserie.


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