Porträt Katharina Pötter / Foto: Dieter Reinhard
Ein Jahr lang ist Katharina Pötter nun Oberbürgermeisterin der Stadt Osnabrück. „Einfach machen“ war ihr Wahlslogan. Unsere Redaktion hat ihr auf den Zahn gefühlt: Hat sie sich das Amt so vorgestellt? Was will sie in ihrer Amtszeit noch erleben und was hat ihr in diesem Jahr so gar nicht gefallen? Vorhang auf für Osnabrücks Stadtoberhaupt.
HASEPOST: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem einjährigen Dienstjubiläum. 12 Monate sind Sie jetzt bereits als Oberbürgermeisterin im Amt. Haben Sie sich das Amt so vorgestellt?
Katharina Pötter: Vielen Dank! Ja, im Großen und Ganzen wusste ich, worauf ich mich einlasse und worauf ich mich bewerbe. Ich hatte genug Zeit, das Amt zumindest von außen zu sehen – erst als Ratsmitglied und dann auch als Vorstand. Was mich noch einmal überrascht hat in diesem Jahr, sind die Themenbreite und die schnellen Themenwechsel. Ich springe innerhalb von drei Stunden in fünf Themen – und das ist noch mal eine besondere Herausforderung.
HASEPOST: Hat sie außerdem noch etwas überrascht?
Katharina Pötter: Die starke öffentliche Wahrnehmung. Wie sehr im Alltag bei den Osnabrückerinnen und Osnabrückern präsent ist, dass ich jetzt dieses Amt ausübe, hat mich schon überrascht.
HASEPOST: Vor einem Jahr – zu ihrem Amtsantritt – haben Sie uns bereits erzählt, dass Sie es sehr unterschätzt haben, wie öffentlichkeitswirksam sie wirklich unterwegs sind. Gewöhnt man sich daran?
Katharina Pötter: Ja, man gewöhnt sich daran. Es wird nicht nur für mich normaler, sondern ich glaube auch für die, die mir begegnen. Das hört sich jetzt erst einmal komisch an. Aber ich bin in diesem Jahr kein anderer Mensch geworden. Ich nehme am Leben in dieser Stadt genauso Teil wie vorher. Manchmal bin ich überrascht, wie überrascht andere sind, mich zu sehen – zum Beispiel in der Schule meiner Kinder oder auf dem Wochenmarkt.
HASEPOST: Sie haben damals auch angekündigt, dass es in den Bereichen Klimaanpassung und Stadterneuerung schnelle Veränderungen geben soll. Was hat sich da bisher getan?
Katharina Pötter: Also, im Bereich Klimaanpassung haben wir einen ganz wesentlichen Beschluss zur Klimaneutralität gefasst und sind jetzt im Beginn der Umsetzung. Neben eigenen Vorhaben gab es auch die Initiative Klimaneutral Osnabrück, die einen Einwohnerantrag gestellt hat. Den hat der Rat im Frühjahr 2022 beschlossen und damit ein neues Klimaziel für die Stadt geprägt. Nämlich: Bis 2030 als Stadtverwaltung, bis 2035 als städtischer Konzern und bis 2040 dann idealerweise als Gesamtstadt klimaneutral zu sein. Das ist sehr, sehr sportlich. Das hinterlegen wir jetzt mit entsprechenden Maßnahmen, bei denen wir gut vorankommen. Ein Beispiel: Wir wollen jetzt auf die Eigentümer der 1.000 größten Dächer in Osnabrück zugehen und ihnen eine umfassende Beratung zum Thema Photovoltaik anbieten. Das beachten wir natürlich auch bei eigenen Projekten. Wenn wir zum Beispiel Gebäude sanieren, ist Photovoltaik schon seit langem Standard. Wir sind Vorreiter in Niedersachsen, was das Thema erneuerbare Energien auf städtischen Gebäuden angeht.
HASEPOST: Und wie sieht es in Sachen Stadterneuerung aus?
Die ist im Gange – mit all den Hürden und Hindernissen, die die Krisen des letzten Jahres so mit sich gebracht haben. Ein positives Beispiel ist der Spatenstich für neuen Wohnraum in der Möserstraße. Wir sind außerdem in guten Gesprächen, was die umliegenden Flächen am Neumarkt angeht, um mit den privaten Investoren voranzukommen. Natürlich könnte das alles schneller gehen, aber viele Dinge brauchen einfach ihre Zeit. Und auch das Thema Erneuerung der Altstadt steht weiterhin auf der Tagesordnung. Da habe ich die eine oder andere Idee, die ich umsetzen möchte. Es ist erst eins von fünf Jahren um, da müssen auch noch Themen für die nächsten Jahre bleiben. Aber auch in Sachen Wiederbelebung der Innenstadt haben wir schon einiges erreicht: das Pop-Up-Quartier im ehemaligen Sportarena-Gebäude, überhaupt das Leerstandsmanagement, die Begrünung, Stadtmöblierung und Festivitäten. Da sind wir dran und haben die ersten Pflöcke eingeschlagen, um zu einer besseren Belebung der Innenstadt zu kommen.
HASEPOST: Worauf sind Sie nach diesem Jahr besonders stolz?
Katharina Pötter: Worauf ich wirklich stolz bin, ist, wie die Osnabrückerinnen und Osnabrücker mit der Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge umgegangen sind und auch überhaupt mit der Kriegssituation. Angefangen mit einer kurzfristig anberaumten Kundgebung auf dem Markt zu Kriegsbeginn, wo viele ihre Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine ausgedrückt haben. Und dass wir es dann in der Folge als Verwaltung mit großen Teilen der Zivilbevölkerung in kürzester Zeit geschafft haben, über 2.500 Menschen aufzunehmen und ihnen nicht nur Zuflucht, sondern ein neues Zuhause zu geben. Das haben wir wirklich gut und mit einer breiten Unterstützung der Bevölkerung geschafft, ohne die wir aufgeschmissen gewesen wären. Und das macht mich stolz auf diese Stadt. Es macht diese Stadt aus, und wenn ich so etwas erlebe, macht es mich auch stolz, Oberbürgermeisterin einer so tollen Stadt zu sein.
HASEPOST: Und einmal in die andere Richtung: Mit was sind sie im vergangenen Jahr so gar nicht zufrieden gewesen?
Katharina Pötter: Gar nicht zufrieden bin ich damit, dass wir zu bestimmten Themen, die man eigentlich für sich als wichtig eingestuft hat – wie die Stadterneuerung in der Altstadt – nicht gekommen sind. Einfach aufgrund der vielen großen Krisen in der ganzen Welt, aber auch den kleinen lokalen Krisen wie den Stadtwerken.
HASEPOST: Jetzt haben wir über die Vergangenheit gesprochen, nun ein Blick in die Gegenwart: Immer wieder präsent ist die Johannisstraße. Leerstände, Unfälle oder Verbrechen – dem gegenüber steht etwa eine erhöhte Polizeipräsenz und eine Quartiersmanagerin. Jetzt gab es jüngst sogar einen Todesfall. Ist der Weg der Diplomatie dort vielleicht schon gescheitert?
Katharina Pötter: Also die Johannisstraße hat ganz viele Herausforderungen. Die größte ist sicherlich die städtebauliche. Dass wir hier eine unbefriedigende Situation haben, ist – um ehrlich zu sein – noch geschönt ausgedrückt. Das ist auch ein großes Hindernis in der Entwicklung, die wir als Stadt aber auch nicht alleine beeinflussen können, da wir nicht überall Grundstückseigentümerin sind. Wir müssen schauen, dass wir hier mit verschiedenen Mitteln agieren. Das ist nicht nur präventiv möglich, sondern auch repressiv etwa über mehr Polizeipräsenz. Wir sind in einem Stadium, das wir mit unseren städtischen Ordnungsmöglichkeiten nicht mehr in den Griff kriegen werden und deswegen arbeiten wir hier eng und gut mit der Polizei zusammen und überlegen uns, was wir tun können. Da binden wir natürlich auch das Quartiersmanagement und andere Bereiche der Innenstadt mit ein.
Was das Erscheinungsbild angeht, sind wir als Stadt mit der Oberflächengestaltung vorangegangen, die dazu beiträgt, dass es optisch zumindest besser wird. Aber ohne dass es wirklich eine städtebauliche Veränderung gibt, werden wir die Gesamtsituation nicht in den Griff kriegen können. Da müssen wir gucken, welche Maßnahmen umsetzbar sind. Das wird ein Blumenstrauß sein: von Quartiersmanagement über Polizeipräsenz bis hin vielleicht auch zu gewissen Verbotszonen für bestimmte Dinge. Wir sind dabei, weitere Maßnahmen auf den Tisch zu bringen.
Was Katharina Pötter über die Lösung der Pagenstecherstraße denkt und ob sie noch einmal antreten würde, gibt es im zweiten Teil unseres großen Interviews im Laufe der Woche.
* Das Interview führte Maurice Guss.