Der historische Roman „Ein Held dunkler Zeit“ von Christian Hardinghaus ist seit März 2018 in den Auslagen der Buchhandlungen zu finden.
Vergangene Woche war der promovierte Historiker zu Gast in unserer Redaktion und ließ mit uns die Genese seines Romans, der im Osnabrück der 30er und frühen 40er Jahre spielt, Revue passieren.
„Held“ werden um die Familie zu retten
Eine romantisch beginnende Liebesbeziehung zwischen Wilhelm und Annemarie Anfang der 30er Jahre scheint zunächst perfekt. Doch als Annemarie unverhofft erfährt, dass ihre Mutter jüdische Wurzeln hat und sie selbst damit nach der „Rassenideologie“ der Nazis als „Halbjüdin“ gilt, nimmt die Geschichte eine tragische Wendung.
Die NSDAP, die zu dieser Zeit an die Macht kommt, legt dem Paar bedrohliche Steine in den Weg, sodass der letzte Ausweg für Wilhelm, der sich nicht von seiner Frau und seinen Kindern trennen will, auch nicht nach dem Entzug seiner Kassenzulassung, der freiwillige Eintritt in die Wehrmacht zu sein scheint. Denn eine kuriose, kaum bekannte Ausnahmeregelung in der „Rassengesetzgebung“ bietet Wilhelm die theoretische Möglichkeit, Annemarie und seine Kinder ‚arisieren‘ zu lassen und somit retten zu können. Dazu muss er sich durch besondere Tapferkeit für sein Vaterland auszeichnen und wird dazu verdammt, „Held zu werden“.
Die Familie bedroht von den Nazis in Osnabrück
Mit der 16. Panzer-Division marschiert Wilhelm im Sommer 1941 in Russland ein, nicht ahnend wie lange und brutal dieser Krieg für beide Seiten werden wird. Und auch mitten im Krieg gibt es Befehlshaber, die Wilhelm trotz seines enormen Einsatzes als Truppenarzt an der Ostfront, bei denen er Leben um Leben rettet, eine für sein Vorhaben benötigte Beförderung nicht gönnen. Zur gleichen Zeit werden Annemarie und die Kinder im heimischen Osnabrück mehr und mehr bedroht. Ein Spiel um die Zeit beginnt.
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„Ein Buch im Buch“, beschreibt Hardinghaus den grundlegenden Aufbau seines Romans. Wilhelms ehemaliger Offiziersbursche Friedrich, der im Altersheim lebt, schreibt am Ende seines Lebens die bewegende Geschichte seines Truppenarztes in einer Panzer-Aufklärungs-Abteilung auf. Der Auslöser dafür ist ein Junge, der im Garten seiner Seniorenresidenz mit einem Spielzeugpanzer hantiert. Durch diese Art von Rückblende entstehen spannende Gegenwartsbezüge. Die Kriegsszenen selbst werden dann aus Perspektive des jungen Friedrichs im Präsens erzählt. Das lässt den Leser den Krieg hautnah miterleben. Die Rahmenerzählung dabei ist fiktiv, wobei die Binnenerzählung, das Liebesdrama und das Kriegsgeschehen, auf den ebenfalls jetzt publizierten Aufzeichnungen des Stadtlohner Augenarztes Helmut Machemer beruhen. Seine Briefe, Fotos und Dokumente hat Hardinghaus gemeinsam mit Hans Machemer, dem Sohn des Protagonisten, ebenfalls jetzt veröffentlicht: „Wofür es lohnte das Leben zu wagen“.
Osnabrück in der NS-Zeit gibt dem Roman den Rahmen
Hardinghaus, der in Osnabrück promovierte, verlagerte die dem Kriegseinsatz zugrunde liegende, bewegende Liebesgeschichte aus dem Münsterland nach Osnabrück. Wilhelm und Annemarie lernen sich Anfang der 30er Jahren in der Hasestadt kennen und möchten sich hier ein gemeinsames Leben aufbauen, bekommen zwei Söhne. So spielen Szenen zum Beispiel im ehemaligen „Hitler-Haus“ (heute wieder Villa Schlikker), im „Grünen Jäger“ oder im damals am Schlossgarten gelegenen botanischen Garten.
„Ich wollte immer schon einen historischen Roman schreiben, der in meiner Heimatstadt in den 30er Jahren spielt“, sagt Hardinghaus. „Die im Gegensatz zu Machemers akribisch aufgezeichneten Kriegserinnerungen wenigen Informationen über die dahinterstehende Liebe zu seiner Frau Erna, boten mir die Möglichkeit, Teile der Geschichte zu verlagern und Lücken in der Dramaturgie fiktiv zu schließen.“ Dabei seien aber die Eckdaten der Tragödie um die „verbotene Liebe im Nationalsozialismus“ genauso geschehen. „Der Schauplatz ist verlagert, Namen verändert, Handlungsstränge und Figuren ergänzt“, sagt Hardinghaus, der dabei natürlich auch die Authenzität der Stadtgeschichte Osnabrücks wahren musste „Auch dazu gehört gründliche Recherche“, sagt der Historiker. „Wie hießen die Straßen zu der Zeit? Welche Filme liefen im Kino, welche Stücke im Theater? Wie waren Osnabrücker NSDAP und SA gegliedert? Und wie erging es den Osnabrücker Juden?“
Die Orte, an denen Wilhelm in der Südukraine kämpft und die grundlegenden Handlungen, hingegen entsprechen weitestgehend dem Original.
Sachbuch dokumentiert die wahre Geschichte
Das zugehörige Sachbuch „Wofür es lohnte das Leben zu wagen“ enthält eine Auswahl von Helmut Machemers über 500 Briefen, 2.000 Fotos, seltenen Dokumenten des Nazi-Apparates und eine DVD mit original im Krieg gedrehtem Filmmaterial. Für die Auswertung, Prüfung und Zusammenstellung haben Hardinghaus und der heute 84-jährige Hans Machemer, die sich über einen Förderer der Graphic Novel „Großväterland“ (erschienen 2016, Panini Verlag/Hardinghaus/Freise), kennengelernt haben, drei Jahre gemeinsam gearbeitet.
Herausgekommen sind zwei Werke, Sachbuch und Roman, die komplementär zueinanderstehen und wohl auch unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. „Männer greifen eher zu den Originalberichten, die selbst schon spannend wie ein eigener Roman verfasst sind, Frauen interessieren sich besonders für die Liebestragödie und bevorzugen den Roman „, sagt Hardinghaus nach ersten Rückmeldungen. Er freut sich darüber, dass auf diese Weise ein so großer Leserkreis gewonnen werden kann. „Denn die Erlebnisse des Helmut Machemer und seiner Frau Erna sind historisch einzigartig und sollen als Beitrag zur Erinnerungskultur verstanden werden. Das wäre in ihrem Sinne. Dafür hat Helmut den Krieg porträtiert.“
Die Bücher von Christian Hardinghaus sind überall im Buchhandel erhältlich. Die oben im Text vorgenommene Verlinkung auf den Buchkatalog des Osnabrücker Buchhändlers Bücher Wenner erfolgte unentgeltlich und ist eine Serviceleistung für unsere Leser. Ebenfalls bei Bücher Wenner sind hier alle weiteren Bücher von Christian Hardinghaus zu finden, die jedoch auch über jede andere Buchhandlung bezogen werden können.